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HARTE ZEITEN

Trotz EZB-Entscheidung: Die Leiden der deutschen Sparer werden noch größer werden.


Deutsche Sparer vertrauen am meisten auf klassische Anlageformen wie dem Sparbuch. Von Aktien lassen viele lieber die Finger.
dpa/Daniel Karmann

Die EZB hat viele Investoren mit ihren Ankündigungen überrascht. Das müssen einmal mehr die Sparer mit rekordniedrigen Realzinsen ausbaden. In den nächsten Quartalen könnte es noch schlimmer kommen als viele von ihnen erwarten.

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Realzins in der Nähe des Rekordtiefs

Während die Anleger Grund zur Freude hatten, haben Draghis Pläne die hiesigen Sparer einmal mehr in Rage gebracht. So sind die Zinsen für einjährige Bundesanleihen auf minus 0,66 Prozent gesunken. Damit liegen sie nicht weit entfernt vom Rekordtief von minus 0,95 Prozent vom Februar 2017. Gleichzeitig ist die Inflation in Deutschland zuletzt nach oben gesprungen und lag im Mai bei 2,2 Prozent – das war das höchste Niveau seit Februar 2017.


Damit ist der Realzins – er wird berechnet, indem man von den Zinsen die Inflationsrate abzieht – auf minus 2,86 Prozent gesunken und liegt damit in der Nähe des Rekordtiefs. Das ist ein extrem hartes Umfeld für Sparer – man könnte es auch anders nennen: Enteignung. Draghi und die EZB enteignen die deutschen Sparer und machen mit den niedrigen Zinsen die Schuldensause in Italien möglich.

Da die Deutschen Bargeld und Einlagen von rund 2,4 Billionen Euro besitzen, bedeutet ein Realzins von minus 2,86 Prozent einen Verlust an Kaufkraft 68,64 Mrd. Euro – eine Menge Holz. Bei 82,6 Mio. Einwohnern bedeutet das einen Kaufkraftverlust von 830,99 Euro pro Kopf. Davon könnte man sich etliches kaufen. Bei einer vierköpfigen Familie entspricht das 3.323,97 Euro – soviel kosten ein zweiwöchiger Urlaub.


Zinsen könnten noch tiefer sinken

Der Frust der hiesigen Sparer könnte in den nächsten Monaten noch größer werden. Denn entgegen der Hoffnung vieler Experten könnte die Italien-Krise schneller hochkochen, als Anlegern lieb ist. Der italienische Finanzminister Giovanni Tria hat zwar gesagt, dass der Ausstieg aus dem Euro kein Thema sei. Allerdings hat Tria von der geplanten Schuldenexplosion nicht Abstand genommen. Beides geht aber nicht zusammen. Entweder man will im Euro bleiben, dann muss man sich beim Schuldenmachen etwas zurückhalten.


Oder man will mit massiven neuen Schulden das Problem des gigantischen Schuldenbergs von 2,3 Billionen Euro „lösen“, dann bekommt man von Investoren allerdings einen Wink mit dem Zaunpfahl und die Zinsen schießen wieder nach oben. In dem Umfeld dürften Investoren einmal mehr in Bundesanleihen flüchten, woraufhin sie noch tiefer sinken dürften als bislang ohnehin schon. Das wären einmal mehr sehr schlechte Nachrichten für die Sparer.

Wie geht es bei der Inflation weiter?

Verschärft würde ihre Lage, wenn die Inflation weiter steigen sollte. Zwar gehen Volkswirte davon aus, dass sie allmählich zurückgehen sollte, zumal wenn die Ölpreise unter Druck bleiben sollten. Allerdings schwächt Draghi mit seiner Politik den Euro massiv. Der Euro ist mit 1,16 Dollar je Euro in die Nähe des Elf-Monats-Tiefs gesunken. Sollte er weiter fallen, was sehr wahrscheinlich ist, würde das die Inflation weiter anheizen. In dem Umfeld könnte die Inflation in Deutschland und in der Euro-Zone entgegen der Erwartung vieler Experten weiter steigen. Damit kämen die hiesigen Sparer nicht nur durch die sinkenden Zinsen, sondern durch eine steigende Inflationsrate weiter in die Klemme.

Sparer sollten der Realität ins Auge schauen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Draghi bis zum Ende seiner Amtszeit am 31. Oktober 2019 die Leitzinsen nicht anheben dürfte. Damit wäre er der erste Chef der EZB, der während seiner Amtszeit nie die Zinsen angehoben hat. Vielmehr dürfte Draghi weiterhin alles tun, um die Zinsen so niedrig wie irgend möglich und den Euro so schwach wie irgend möglich zu halten. In dem Umfeld dürften die Leiden der Sparer noch größer werden als bislang ohnehin schon.


(Quelle: focus.de, Fianzen100-Autor Egmond Haidt, 18.06.2018)

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